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Melanie De Senarclens, Leiterin Finanzen und Dienste bei den Winterthurer Stadtwerken, ist unser Lunchgast im Februar 2025. Wir haben ihr fünf Fragen zu ihrem digitalen Verhalten und den Digitalisierungsprojekten in ihrem Bereich gestellt.  

Starten wir mit einer Selbsteinschätzung zu deinem eigenen digitalen Verhalten. Wo bist du im Alltag digitaler unterwegs als die meisten?

Das kommt immer drauf an, mit wem man sich vergleicht. «Die meisten» ist ja ein breites Feld. Ich versuche, wo immer möglich und für mich sinnvoll die digitalen Leistungen zu nutzen. «Auf meinem Handy ist mein Leben», sage ich immer. Dort sind alle Apps, die ich brauche, um im Alltag das Leben zu meistern (öffentlicher Verkehr, Zahlungen, Dokumentationen, Kommunikation, Job, Shopping, Reservationen, Logins, Fotos, Schulstundenplan der Kinder und vieles mehr). Wenn es in meinem Umfeld neue digitale Leistungen gibt (z.B. Krankenkasse, Shopping Center…), dann nutze ich es sofort.

Für Spielereien oder nicht sehr erprobte Technologien bin ich aber eher nicht zu haben. Meine Waschmaschine schalte ich noch von Hand ein und nicht, wenn die Sonne gerade scheint und die PV-Anlage Strom produziert. Das wäre im Alltag zu zeitaufwendig für mich. Die Digitalisierung muss für MICH einen grossen Nutzen bringen.

Für welche Angebote wünschst du dir (dringend) eine digitale Lösung?

Im Job nerven mich manchmal gewisse manuelle Arbeiten noch sehr, da wäre eine digitale Lösung sehr hilfreich. Aber das ist leider im öffentlichen Bereich nicht immer so einfach. Im Privaten wäre es super, wenn man Termine mit Ärzten oder bei anderen Stellen einfacher digital vereinbaren oder verschieben könnte. Das klappt noch zu wenig digital und verlässlich über dieses Medium. Hier muss ich immer wieder zum Telefonhörer greifen, was bei einem Tag voller Meetings oft schwierig ist.  

Welche Digitalisierungsprojekte setzt du in deinem Bereich beim Stadtwerk Winterthur zurzeit um? Was sind die Herausforderungen dabei?

Wir setzen stark auf Prozessautomatisation (RPA) und digitale Workflows. Dies soll uns die Arbeit erleichtern und vor allem Stillstandszeiten in bereichsübergreifenden Prozessen vermeiden. Oft ist aber die grosse Komplexität sehr herausfordernd. Wir haben viele «Spezialwege und -lösungen» und die kann man schwer digital abbilden (oder es wird sofort komplex und bringt keine Erleichterung mehr). Vereinfachung von bestehenden Prozessen und Change Management gehört bei der Umsetzung ganz stark zum Projekt dazu.

Was sind deines Erachtens die grössten Herausforderungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung und was benötigt es, dass wir diese meistern können?

Einerseits sicher der Mensch. Digitalisierung benötigt ein Umdenken bei den Menschen. Nicht jeder ist bereit für Digitalisierung und es bestehen viele Ängste. Hier müssen die Menschen an die Hand genommen und im Prozess geführt und begleitet werden. Wir machen dies meist indem wir Vor-Ort-Schulungen anbieten und den Leuten physisch am PC zur Seite stehen. Wenn die erste Hemmschwelle genommen ist, finden die meisten es eigentlich ganz cool. Oft haben sie auch keine Vorstellung davon, was Digitalisierung alles kann und der Appetit auf mehr kommt erst nach und nach. Das zweite ist sicher der Datenschutz. Besonders im Bereich der öffentlichen Verwaltung ist das ein heiliges Thema. Wir müssen mit den Daten, die wir in den digitalen Prozessen verwerten absolut vertrauenswürdig umgehen können. Hierzu sind jeweils bei neuen Tools umfangreiche datenschutzrechtliche Abklärungen notwendig. Hier ist die Verwaltung oft strengeren Regeln ausgesetzt als die Privatwirtschaft.

In welchen Bereichen siehst du grosse digitale Chancen für die Region / Stadt Winterthur?

Die Leistungen für den Bürger sind in einer Stadt sehr wichtig. Es betrifft eine Vielzahl an Menschen und das in sehr vielen Bereichen des alltäglichen Lebens. Hier kann die Stadt Winterthur einen grossen Beitrag zur Digitalisierung und somit zur Leistung FÜR den Bürger beitragen.

Wenn ich zurückdenke, war es vor 20 Jahren noch sehr aufwendig, eine Steuererklärung einzureichen. Alles lief manuell und mit Papier. Heute ist es digital und man lädt quasi nur Dokumente ins System und alles wird automatisch ausgefüllt. Wenn ich überlege, wo wir gegebenenfalls in 20 Jahren stehen, dann könnte ich mir vorstellen, dass wir dann erneut deutlich mehr Komfort und Leistung für die Bürger bieten können.