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Romana Heuberger, FDP, ist überzeugt, dass effiziente neue Technologien den grössten Beitrag am Umweltschutz leisten. Gleichzeitig sensibilisiert sie für Datensicherheit im Innovationsprozess.

Starten wir mit einer kleinen Selbsteinschätzung zu ihrem eigenen Umgang mit digitalen Angeboten. Wo sind Sie im Alltag digitaler unterwegs als die meisten und womit tun Sie sich schwer?

Mein Mann ist zwar Informatiker, aber er gibt neue Tech-Gadgets immer zuerst mir, um sie auszuprobieren. Beruflich gehört es zu meinem Alltag, herauszufinden, welche digitalen Innovationen für meine Kunden einen Mehrwert generieren und ihnen einen Marktvorsprung ermöglichen. 

Wenn Sie programmieren könnten, was würden Sie mit diesen Programmier-Skills digitalisieren?

Ich habe tatsächlich in BASIC programmieren gelernt und wollte ursprünglich sogar IT-Analytikerin werden. Das analytische Denken in «Wenn-dann-sonst-Alternativen» ist geblieben. Heute würde ich gerne eine Plattform erstellen, welche arbeitssuchende Studierende der ZHAW oder anderer Hochschulen mit Mitarbeitersuchenden Firmen in Winterthur zusammenbringt. Persönlich wäre ich mit meiner Firma schon oft um eine solche Plattform froh gewesen. Damit könnte auch das grosse Potential der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis noch besser genutzt werden.

Was macht für Sie eine Smart City aus?

Meine Smart City Winterthur nutzt die Digitalisierung, um Prozesse effizienter und wirkungsvoller zu gestalten. Damit können die personellen, finanziellen und ökologischen Ressourcen wirksamer eingesetzt werden. Sie ist bereit, Prozesse zu hinterfragen und nötigenfalls über Bord zu werfen. Eine Smart City schafft es, die Bewohnerinnen und Bewohner neugierig auf solche Veränderungsprozesse zu machen und ein vertrauensvolles Klima dafür zu schaffen. 

In welchem Bereich sollte die Stadt Winterthur noch smarter werden? Und was davon würden Sie gerne umsetzen wollen?

Die Tatsache, dass der Stromverbrauch in vielen Teilen der Stadt noch von Mitarbeitern vor Ort abgelesen werden muss, zeigt, dass Winterthur noch Potential hat. Persönlich setze ich mich für einen One-Stop-Shop für sämtliche Interaktionen mit der Stadtverwaltung ein. In diesem Shop sollen auch alle persönlichen Daten bearbeitet sowie Gesuche, Bewilligungen, Steuern, Gebühren und Abgaben bewirtschaftet werden können. Die Zusammenarbeit zwischen der Stadtverwaltung und den Unternehmen bzw. Privatpersonen würde damit deutlich vereinfacht. Die Stadtverbesserer-App ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Kommunikation zwischen der Verwaltung und der Bevölkerung vereinfacht werden kann. 

Wie steht es mit der Digitalisierung der Stadtverwaltung? Welche Digitalisierungs-Bestrebungen sind vorhanden oder werden mit Ihnen im Stadtrat angegangen?

Im Finanzdepartement liegt das grösste Potential. Rechnungen können im 2021 offenbar immer noch nicht digital visiert werden. Viele Zahlen im über 500-seitigen Jahresabschluss, über den das Parlament debattiert, müssen noch von Hand in die Abschlussbücher übertragen werden. Für die Beantragung von AHV-Ergänzungsleistungen müssen Daten eingegeben werden, welche beim Steueramt bereits digital zur Verfügung stehen. Das ist nicht kundenfreundlich und muss sich ändern. 

Investieren möchte ich in die Sicherheit unserer Stromversorgung sowie in unsere Datensicherheit. Es gilt, mit aller Kraft einen digitalen Knock-out zu verhindern. 

Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach Startups bei der Digitalisierung im Allgemeinen?

Die kluge Kombination von Wissenschaft und Praxis und der Winterthurer Pioniergeist machen unsere Stadt stark. Startups haben grosses Potential, Digitalisierungs-Chancen rasch zu erkennen oder gar neue Grundlagen dafür zu schaffen. Sie sind Treiber der Digitalisierung. Innovationen finden sehr oft in kleinen Organisationen statt. Durch die Zusammenarbeit von Startups mit der ZHAW und grösseren, bereits etablierten Unternehmen haben wir das Potential, ein Innovationshub für digitale Technologien zu werden.  

Welche Möglichkeiten sehen Sie, um Startups und Spin-Offs im Rahmen der Digitalisierungsbestrebungen Winterthurs zu fördern?

Als anerkannter Standort für praxisorientierte Bildung kann Winterthur einen optimalen Rahmen für institutions- und unternehmensübergreifende Projekte bilden. Im Technopark und im Home of Innovation sind bereits heute viele Startups mit hohem Erfolgspotenzial von nationaler Bedeutung zu Hause. Hier müssen wir weiter in die Vernetzung investieren. 

Wie das Beispiel der Entwicklung des Elektro-Sammelfahrzeuges gezeigt hat, liegt es im Eigeninteresse der Stadt, den Einsatz von innovativen Technologien zu ermöglichen. Mit einer grossen Portion Offenheit und etwas Mut kann Winterthur vom Forschungsauftrag der ZHAW und dem daraus resultierenden Erkenntnisgewinn klar profitieren, insbesondere auch im Bereich des Umweltschutzes. 

Welche Risiken der Digitalisierung bereiten Ihnen Sorgen und wie könnten entsprechende Verbesserungen politisch gefördert werden?

Die Sicherheit der Energieversorgung und die Datensicherheit stellen uns vor grosse Herausforderungen. Sensible Daten dürfen nicht in die falschen Hände geraten und nicht verloren gehen. Angriffspunkte für Hacker gilt es systematisch aufzudecken. Datenmissbrauch muss der Gesetzgeber verhindern. Wer welche Daten und zu welchem Zweck sammeln und nutzen darf – diese Frage gilt es mit jedem Innovationsschritt wieder von Neuem zu beurteilen. Wichtig ist, dass trotz der ganzen Digitalisierung die Menschen nicht vereinsamen. Deshalb bleibt der persönliche Kontakt wichtig. 

Welche Chancen sehen Sie in der Digitalisierung, mit denen Ihre und die Zukunft Ihrer Kinder vereinfacht wird?

Ich vertraue auf die Innovationskraft der Schweizer Wirtschaft. Der grösste Beitrag, den wir zum Umweltschutz leisten können, ist die Entwicklung effizienter neuer Technologien, die wir weltweit exportieren. Sie werden es uns ermöglichen, weniger Ressourcen zu verbrauchen und unseren Lebensstandard trotzdem zu halten. Die Digitalisierung wird einen wesentlichen Beitrag zum technologischen Fortschritt leisten. Sie wird auch das Lernen in Zukunft weiter verändern. Wir haben vor drei Jahren das erste elektronische Lehrmittel für unsere Auszubildenden entwickelt. Doch das ist erst ein erster Schritt. Die Digitalisierung wird einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, theoretisches Wissen und dessen praktische Anwendung noch besser miteinander zu verknüpfen. 

 

*In dieser Interviewserie geben wir allen Kandidierenden für die Stadtratwahlen 2022 in Winterthur die Möglichkeit, sich zur Digitalisierung zu äussern. Alle bekommen die gleichen Fragen gestellt. Publiziert werden die Interviews in der gleichen Reihenfolge wie sie bei uns ausgefüllt eintreffen.